SingAnanda goes India - Part 1



Zu Shivaratri in Südindien –

eine Reise zu spirituellen Kraftorten

 

Eine ganz besondere Bedeutung trägt der erste Neumond im Februar in Indien. Da erwacht der Mythologie nach Shiva aus seiner tiefen Meditation auf dem heiligen Berg Kailash. Er tanzt als Nataraja, erfüllt spirituelle und materielle Wünsche auf seine Weise und rührt die irdische materielle Welt kräftig durch. Als wir eine begleitete Reise zu spirituellen Kraftorten in Südindien mit dem Shivaratri-Fest in einem Ashram als Krönung entdeckten, entschlossen wir uns zur Teilnahme. Für unser Traumziel war dies offenbar das perfekte Programm.

 

Die Anreise

 

Auch zu Hochsaisonzeiten war die Anreise kein Problem. Zur Emirates-Drehscheibe Dubai gelangten wir im komfortablen A380 in wenigen Stunden. Nach weiteren knapp 4 Stunden empfing uns das frühere Madras - heute Chennai - mit fast dreißig Grad.

Die Einreiseprozedur nach Indien gestaltete sich etwas bürokratisch. Wir hatten uns gegen den wohl abgewogenen Rat unserer Reiseleiterin Daniela für ein e-Visum entschieden, welches wir online über das indische Regierungsportal bestellt hatten.

 

Doch die Wartezeit verkürzten wir im Gespräch mit den bereits erkannten Mitreisenden - fast zeitgleich mit den Inhabern der im Konsulat erworbenen Visa gelangten wir bei unseren gut gelaunten Abholern an und konnten uns in das Abenteuer "indischer Straßenverkehr" stürzen.

 

Chaos - oder unsichtbare Regeln?

 

An den Straßenverkehr in Indien mussten wir uns erst gewöhnen. So erschien uns doch sehr Regel orientierten Autofahrern das Gewimmel von Fahrzeugen, Mensch und Tier auf Straßen ohne Ampeln und sporadischen Verkehrszeichen als vollkommen chaotisch. Die extrem hohe Anzahl der Verkehrsopfer in Indien erschien nach den ersten paar Kilometern realistisch  zu sein.

 

 Allmählich entspannter erkannten wir jedoch, dass durch die gegenseitige Rücksichtnahme ein geordneter Fluss entstehen kann, auch wenn einige Situationen sehenden Auges kaum erträglich schienen. 

 

Besonders die gewagten Überholmanöver strapazierten die Nerven, jedoch fiel uns bald auf, dass offenbar zutiefst bayrisch klingende Grundregeln herrschten: "Ein bisserl was geht immer" (Platz ist in der kleinsten Lücke), Leben und leben lassen und "Wer ko der ko" (wer kann, der kann) schienen auch im indischen Straßenverkehr gültige Maximen zu sein.

 

Wieder zuhause erschien uns das Autofahren fast etwas öde. Positiver Nebeneffekt: Meine Frau beschwert sich etwas weniger über meinen angeblich zu flotten Fahrstil. 

 

Auf dem Weg zu unserer ersten Station Auroville machten wir nun auch Bekanntschaft mit der indischen Küche - und auch hier war einige Umgewöhnung notwendig. Zuerst fiel uns der weitgehende Verzicht auf Besteck auf - das Essen wurde auch im Restaurant mit den Fingern der rechten (wichtig!) Hand verzehrt. Hört sich einfach an, aber den mit den äußerst pikanten und bald heiß geliebten Curries und Saucen vermantschten Reis ohne größere Kleckerei in den Mund zu transportieren ist nicht ohne. So griffen wir zumeist auf die immer vorrätigen Bestecke zurück. Zum Frühstück gab es entweder Masala Dosa - einen Fladen aus Reis- und Linsenmehl mit Gemüsefüllung, oder Idlis - aus den gleichen Grundzutaten gedämpfte flach-runde Küchlein mit einem Chutney aus Kokos. Wunderbar herzhaft ein scharfer Kick in den Tag, der zugleich wach und angenehm satt macht!

 

Die Prozedur zum Kühlen des brühheißen Kaffees oder Tees war absolut sehenswert - die fast noch kochenden Getränke servierte man in zwei ineinander passende Becher aus Metall. Durch mehrfaches hin-und-her-Gießen kühlte das dampfende Gebräu dann auf eine genießbare Temparatur herunter. Muss man gesehen und vor allem getrunken haben! Der mit Ingwer und Gewürzen versehene Masala-Chai wurde bald zum Liebling der Reisegruppe.

 

Auroville fasziniert uns als offenbar seit Jahren funktionierende Gemeinschaft mit einem überreligiös verstandenen spirituellen Zentrum, wo sich jeder nach den eigenen Potenzialen einbringen kann. Nach einer Entspannung in einem überraschend kommoden Hotel begannen wir mit unserer Gruppe die Erkundung und Besichtigung. 

 

Den zentralen Kraftort konnten wir leider nur von außen bestaunen, aber selbst aus der Distanz beeindruckte das golden schimmernde Matrimandir (Tempel der Mutter) mit einer golden- freundlichen Ausstrahlung.

Hier strahlt das spirituelle Zentrum von Auroville den Besuchern entgegen. Keine Religion, keine Gottheit ist hier im Mittelpunkt. Ein Kristall in der Mitte des Gebäudes soll die Konzentration auf die göttliche Mitte des Menschen symbolisieren und zur Meditation einladen. Auch aus der Entfernung ist die Kraft dieses Gedankens und der Idee dahinter für uns erfahrbar.

 

 

In einer landwirtschaftlichen Kooperative konnten wir einen Einblick in die Fundamente des Gemeinwesens gewinnen. Größter Wert wird auf regionale, organisch gewachsene und der Gesundheit zuträgliche Lebensmittel gelegt. Die Vorteile der auch im Winter reich wachsenden Pflanzen werden direkt genutzt, denn auch in Indien erscheint der Griff ins Supermarkt-Regal einfacher, als den Kräutertee direkt in der Umgebung zu pflücken. Damit konnte sich die Gemeinschaft auch mit der ansässigen Bevölkerung gut verbinden. Auroville schien uns 50 Jahre nach seiner Gründung kaum mehr als eingepflanzter Fremdkörper, sondern mit dem Umland verwachsen zu sein.  Natürlich war uns in der kurzen Zeit kein Blick hinter die Kulissen möglich. Den merken wir uns für eine der nächsten Reisen vor!

 

Nach einer wenig erfolgreichen Suche nach einem Reise-Harmonium konnten wir einem kurzen Besuch am Golf von Bengalen nicht widerstehen. Unsere einzige Chance auf Baden im Meer auf dieser Reise. Mehr als ein Hopsen in den heftig herantosenden Wellen war aber nicht drin. Von der Sonne getrocknet am sonst nur von Fischern bevölkerten Strand zu liegen und einmal auf dieser Reise wie ein richtiger Tourist unterwegs sein - herrlich!

 

Der erste spirituelle Einblick eröffnete sich uns beim Besuch des Sri-Aurobindo-Samadhis. Die Grabstätte des geistigen Vaters von Auroville ist zur Pilgerstätte geworden, wo sich in der ehemals französischen Stadt Puduchéry Gläubige und Bewunderer des philosophischen Wegbegleiters der indischen Unabhängigkeit zu Meditation und Gebet einfinden.

 

Der anschließende Besuch eines Shiva-Tempels brachte uns nach Klärung einiger wichtiger Regeln die erste unmittelbare und authentische Erfahrung einer hinduistischen Glaubensstätte. Wir tauchten ein in die Rituale – kaum zu vergleichen mit einer rein touristischen Besichtigung. Großer Dank gebührt hier unserer Reiseleiterin Daniela mit ihrem gesamten Team, die uns diese tiefe Erfahrung ermöglichten. 

 

Fortsetzung folgt!

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